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Handeln statt reden: Warum die Bildungspolitik digitales Rüstzeug liefern muss

Insbesondere in Europa müssen wir voll darauf fokussieren, dass junge Menschen beim Eintritt ins Arbeitsleben mit einem fundamentalen digitalen Rüstzeug ausgestattet sind. In der Arbeitswelt von heute gibt es so gut wie kein berufliches Qualifikationsprofil mehr, welches nicht ein Mindestset an digitaler Kompetenz zur Voraussetzung hat. Im Hinblick auf unsere Zukunftsvorsorge sind daher unsere gesamten Bildungssysteme in höchstem Maße gefordert.

Prof. DI Helmut Fallmann (C) Fabasoft

„Die Digitalisierung ist mittlerweile in der Gesellschaft angekommen. Dieser Herausforderung müssen wir gerecht werden“, erklärte Bildungsministerin Sonja Hammerschmid Anfang 2017. Die Ministerin will den Umgang mit digitalen Werkzeugen künftig bereits ab der Volksschule vermitteln lassen, damit Kinder und Jugendliche, ergänzend zu ihrer natürlichen Affinität gegenüber Smartphones und Tablets, auch echte Medienkompetenz erwerben können. Auch ein eigenes Schulfach „digitale Kompetenz“ sei denkbar, mit der Vermittlung von Grundwissen im Programmieren und dem Begegnen latenter Gefahren des digitalen Mediengebrauchs, wie Cybermobbing oder auch Hasspostings.

Nun hat die Regierung noch für heuer Tablets und Laptops für Schulen sowie Breitbandzugang plus WLAN bis 2020 in Aussicht gestellt. Ein begrüßenswertes Maßnahmen-Paket und gleichzeitig die ersten wichtigen Schritte, um bildungspolitisch der größten Herausforderungen unserer moderne Gesellschaft zu begegnen: Dem digitalen Wandel.

In drei massiven Wellen hat die Digitalisierung alle Lebensbereiche erfasst: Vor weniger als drei Jahrzehnten veränderte das kommerzielle Web elementar die Art, wie Produkte vermarktet und verkauft werden. Das Internet eliminierte die Grenzen von Absatzmärkten und legte neue Kommunikationskanäle zum Kunden frei. Die zweite Woge der digitalen Disruption folgte mit dem Web 2.0. In dieser Ära der Peer-to-Peer-Kommunikation wurden viele Marktzugangsbarrieren niedergerissen, sodass auch branchenfremde Start-ups mit innovativen Ideen Fuß fassen konnten. Heute sind wir in der dritten Phase angelangt. Hyperskalierung ist das neue Schlagwort der Digitalgesellschaft. Cloud Computing macht´s möglich!

Smart Grid, Smart Home, Smart Car

Um mit den rasanten Veränderungen der Arbeitswelt Schritt halten zu können, brauchen wir ganz neue berufliche Qualifikationen. Und: Der digitale Wandel ist längst noch nicht zu Ende. Vielmehr steht die nächste heiße Phase bereits ante portas. Ein mächtiger Treiber dieser anhaltenden Veränderung ist zum Beispiel das „Internet of Things“ mit seinen cyber-physikalischem Systemen, die aus der Verschmelzung von IT-Netzkomponenten mit IP-fähigen Geräten in den Bereichen Smart Grid, Smart Home oder bei intelligenten Autos mit elektronischen Fahrer-Assistenzsystemen sowie mit kommenden Car2Infrastucture-Anwendungen derzeit in großer Zahl entstehen. Bereits 2020 rechnet man mit 50 Milliarden IP-gestützten Sensoren.

Der Bildung kommt jetzt die Monsteraufgabe einer adäquaten Wissensvermittlung zu, um die neuen Nachfrageprofile der Wirtschaft und Wissenschaft sowie die Anforderungen von Kultur und Zivilgesellschaft bedienen zu können.

Insbesondere in Europa müssen wir voll darauf fokussieren, dass junge Menschen beim Eintritt ins Arbeitsleben zumindest mit einem fundamentalen digitalen Rüstzeug ausgestattet sind. In der Arbeitswelt von heute gibt es so gut wie kein berufliches Qualifikationsprofil mehr, welches nicht ein Mindestset an digitaler Kompetenz zur Voraussetzung hat. Im Hinblick auf unsere Zukunftsvorsorge sind daher unsere gesamten Bildungssysteme in höchstem Maße gefordert.

Massiver Fachkräftemangel in der IKT

Die EU-Kommission prognostizierte im Sommer des Vorjahres, dass es bis 2020 einen Fachkräftemangel von rund 750.000 Arbeitskräften im IKT-Bereich geben wird. Zudem haben rund 40% der europäischen Arbeitgeber Probleme, geeignete Arbeitskräfte mit den für Digitalisierung und Innovation benötigten Kompetenzen zu finden. Dem stehen laut einer Studie der Kommission rund 70 Millionen Europäerinnen und Europäer ohne ausreichende Lese- und Schreibkompetenzen und noch mehr Menschen mit Defiziten in Mathematik und bei digitalen Kompetenzen entgegen.

In Österreich belaufen sich die aus Mangel an e-Skills nicht besetzbaren Arbeitsplätze heuer auf 10.200, im Jahr 2020 werden es bereits 11.400 Jobs sein, die frei bleiben.

Dieser gravierende Missstand ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass es in Europa viel zu selten gelingt, naturwissenschaftliche Berufe und Karrieren als attraktiv darzustellen, obwohl diese blendende Jobaussichten offerieren. Der Fachkräftemangel bei Absolventen von MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) drückt direkt auf das Wirtschaftswachstum in der Europäischen Union. BusinessEurope, einer der wichtigsten europäischen Arbeitgeberverbände, hat bereits vor zwei Jahren Alarm geschlagen: „Ein Mangel an Ingenieuren und Wissenschaftlern führt zu geringerer Produktivität und zu einem Rückgang europäischer Marktanteile auf den Weltmärkten.“

Anforderungskatalog umfasst Hard und Soft Skills

Wie lauten die Erfordernisse der Wirtschaft in dieser revolutionären Zeit?

  • Wir brauchen Menschen in unserer Wissensgesellschaft, die über Fähigkeiten in den Grundqualifikationen (Lesen, Schreiben, Mathematik), in Wirtschaft und Technik, in der Medienbeherrschung und im visuellen Verständnis von Multimedia sowie bei Multikulturalität und globalem Bewusstsein verfügen.
  • Wir brauchen für die Innovationsleistungen der Wirtschaft Menschen mit Anpassungsfähigkeit zur Lösung komplexer Herausforderungen, mit Neugierde, Kreativität und Risikobereitschaft sowie mit analytischen Fähigkeiten.
  • In der Wirtschaft zählt zudem die Fähigkeit zu effektiver Kommunikation. Diese erschließt sich über persönliche, soziale und zivile Verantwortung und die Bereitschaft zu Zusammenarbeit und Interaktion.
    Für die Bedienung der Märkte braucht es aber auch eine hohe Produktivität. Diese kann nur erreicht werden mit Menschen, die Zielsetzungen priorisieren, planen und managen können.

Erfreulicherweise sind einige Strategien, um besonders unsere Jugend fit für diese neuen Anforderungen zu machen, bereits erfolgreich am Laufen.

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Prof. DI Helmut Fallmann ist Vorstand der Fabasoft AG und Präsident des Vereins „Talente Oberösterreich“.

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